BODE Chemie GmbH
Arne Roettger
60 % der Händedesinfektionsmittel basieren auf Ethanol. D.h. in einer Pandemie wären 60 % der Mittel nicht verfügbar.
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat eine mögliche Empfehlung, Ethanol als CMR-Stoff einzustufen, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Der Ausschuss wird seine Arbeit im Februar 2026 wieder aufnehmen und beabsichtigt, die Stellungnahme im Laufe desselben Jahres zu verabschieden. Damit bleibt der aktuelle Status bestehen: ethanolhaltige Desinfektionsmittel können weiterhin uneingeschränkt und sicher eingesetzt werden.
Die Vertagung zeigt, dass weiterer Klärungsbedarf besteht – insbesondere hinsichtlich der wissenschaftlichen Evidenz zur sicheren dermalen und inhalativen Anwendung von ethanolbasierten Desinfektionsmitteln. Zahlreiche Studien zeigen, dass die bei der Anwendung aufgenommenen Mengen toxikologisch unbedenklich sind. Bei sachgemäßer Nutzung besteht kein nachgewiesenes Risiko für Reproduktionstoxizität oder Kanzerogenität.
Führende medizinische Fachgesellschaften – darunter die Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene (DGKH), der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), das Robert Koch-Institut (RKI), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie zahlreiche europäische und internationale Expertengremien – hatten sich geschlossen gegen eine CMR-Einstufung ausgesprochen. Die Institutionen betonen, dass ethanolbasierte Desinfektionsmittel essenziell für die tägliche Hygiene in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Laboren sind.
Die Vertagung bietet die Möglichkeit, die wissenschaftliche Datenlage fortlaufend in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen. „Wir begrüßen, dass die ECHA die Bewertung von Ethanol weiter prüft. Für uns ist klar: Wir werden uns nach wie vor für eine faktenbasierte und differenzierte Bewertung einsetzen – gemeinsam mit der deutschen Gesundheitswirtschaft, wissenschaftlichen Partnern und Fachverbänden“, erklärt Arne Roettger, Leiter der Division Desinfektion von der HARTMANN GRUPPE.
HARTMANN wird den Prozess aktiv begleiten und sich dafür einsetzen, dass ethanolhaltige Desinfektionsmittel auch künftig verlässlich zur Verfügung stehen, um Patientensicherheit und Infektionsschutz in Europa langfristig zu gewährleisten. Sobald die ECHA ihre Empfehlung zur Einstufung von Ethanol veröffentlicht, wird HARTMANN umfassend und zeitnah darüber informieren. Dazu gehören eine transparente Darstellung der Empfehlung, Einordnungen aus wissenschaftlicher Sicht sowie potenzielle Auswirkungen auf das Gesundheitswesen. Unser Ziel ist es, Kunden, Partner und Fachkreise frühzeitig und klar über alle relevanten Entwicklungen in Kenntnis zu setzen und gemeinsam die weiteren Schritte zu bewerten.
Warum eine Unterscheidung zwischen oraler und dermaler Aufnahme von Ethanol zwingend notwendig ist:
Bei der oralen Aufnahme von Ethanol gelangt der Alkohol direkt in den Blutkreislauf, wird in der Leber abgebaut und kann gesundheitsschädlich wirken. Im Gegensatz dazu wird Ethanol bei der dermalen Anwendung – etwa durch Händedesinfektionsmittel – nur in verschwindend geringen Mengen über die Haut aufgenommen [3,4]. Das Robert Koch-Institut (RKI) vergleicht die Belastung durch Desinfektionsmittel mit dem Ethanolgehalt in Apfelsaft: Selbst bei häufigem Einsatz alkoholischer Händedesinfektionsmittel ist die systemische Belastung geringer als beim regelmäßigen Trinken von Apfelsaft [5].
Auch die inhalative Aufnahme durch Dämpfe von Desinfektionsmitteln führt nachweislich nur zu minimalen Ethanolkonzentrationen im Blut, die weit unterhalb kritischer Werte liegen [3,4].
Fazit: Die Bewertung der gesundheitlichen Risiken von Ethanol muss die unterschiedlichen Aufnahmewege berücksichtigen. Während die orale Aufnahme gesundheitliche Gefahren bergen kann, stellt die äußerliche Anwendung bei sachgemäßem Gebrauch kein relevantes Risiko dar.
Ethanol ist seit Jahrzehnten ein essenzieller Bestandteil in alkoholischen Händedesinfektionsmitteln und trägt maßgeblich zur Verhinderung von Krankenhausinfektionen bei. Jährlich treten in Deutschland rund 600.000 nosokomiale Infektionen auf, von denen 15.000 bis 18.000 tödlich verlaufen [1]. Ethanolbasierte Desinfektionsmittel senken nachweislich diese Infektionsraten und schützen damit Patientinnen, Patienten und medizinisches Personal [2].
Verschiedene Fachgesellschaften sprechen sich klar gegen die Neueinstufung aus. Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene e.V. (DGKH), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) betonen, dass Ethanol bei sachgemäßer Anwendung kein relevantes Gesundheitsrisiko darstellt.
Die Haltung zum Thema "Ethanol" wesentlicher Organisationen aus dem Gesundheitsbereich sind hier zu finden:
[1] Gastmeier P, Geffers C. [Nosocomial infections in Germany. What are the numbers, based on the estimates for 2006?]. Dtsch Med Wochenschr. 2008;133(21):1111-5. https://doi. org/10.1055/s-2008-1077224 PMID: 18478503.
[2] WHO (2009) WHO Guidelines on Hand Hygiene in Health Care.
[3] Ahmed-Lecheheb D, et al. Dermal and pulmonary absorption of ethanol from alcohol-based hand rub. J Hosp Infect, 2012. 81: 31-35.
[4] Below H, et al. Dermal and pulmonary absorption of propan-1-ol and propan-2-ol from hand rubs. Am J Infect Control, 2012. 40: 250-257.
[5] Epid. Bulettin 2. Mai 2016/Nr. 17 DOI 10.17886/EpiBull-2016-029